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Sophies Geschichte

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Sophies Liebe!

Eigentlich dachte ich, so etwas passiert mir kein zweites Mal, aber da hatte ich wohl die Rechung ohne Sophie gemacht. Sie kam Ende Juni zu mir. Es war ein heißer Tag, die Hitze stand flimmernd in der Luft. Ich sollte sie vom Flughafen abholen, doch irgendwie kam alles anders......

Zwei Wochen vorher...
Zwei Wochen vorher, fragte mich eine Organisation ob ich Sophie, eine sehr ängstliche Galga, übernehmen könnte. Sie sei schrecklich traumatisiert, mit Wunden und Narben am ganzen Körper, und ließe sich nicht anfassen. Das Leben hinter Gittern gäbe ihr nun den Rest. Eine neue Herausforderung für mich und meine kleine Pflegestelle! Ich sagte zu. Gedanklich bereitete ich mich auf Sophie vor.

Am Tag ihrer Ankunft, erhielt ich einen Anruf von einer Verantwortlichen dieser Organisation in Luxemburg mit der Bitte nicht zum Flughafen zu fahren, sondern bei ihr vorbeizuschauen. Sophie wäre einen Flug früher gekommen und sie hätte sie abgeholt. Ich fuhr also los. Als ich dort eintraf, schauten mich zwei übergroße, ängstliche Augen an. Sophie stand die Panik im Gesicht geschrieben. Es tat mir unendlich leid, dass sie noch immer nicht auf dem Platz war, wo sie zur Ruhe kommen sollte. Deshalb übernehme ich lieber gleich selbst das Tier wenn es auf die Pflegestation soll, um es dann sofort versorgen zu können und ihm unnötigen Stress zu ersparen. Bild

Ich schaffte es, schon nach kurzer Zeit mit Sophie in Kontakt zu treten. Ohne großen Aufruhr versuchte ich sie auf den Arm zu nehmen. Die Kleine zitterte wie Espenlaub und war dennoch bereit in voller Anspannung bei einer gedankenlosen Bewegung von mir sich aus meinen Armen zu befreien. Schweißperlen standen mir auf der Stirn bis ich Sophie wohlbehalten in meinem Auto hatte. Nach einer Stunde Fahrt waren wir in Perlé angekommen. Ihre rehbraunen Augen schauten mich an. Verängstigt ließ sie sich ins Haus tragen. Es war, als ob sie spürte, dass nun der Alptraum ein Ende hatte, denn in den nächsten Tagen gab sie mir keine Chance mehr sie anzufassen. America stand da und wartete mal wieder sehr ungeduldig auf mich. Wahrscheinlich hieß sie nun Sophie willkommen. Vielleicht erzählte sie bereits in diesem Augenblick Sophie ihre Geschichte und die beiden wussten schon, wie es weitergehen sollte. Nach einigen Tagen war mir bewusst, wie schwierig es sein würde für Sophie einen geeigneten Platz zu finden. Vor allen Dingen wie lange es dauern könnte, bis Sophie ihre Ängste und ihr schreckliches Trauma überwunden hatte. Sehr schnell erkannten meine Familie und ich mit samt unseren Vierbeinern die Probleme die Sophie hatte. Jedes unbekannte Geräusch, jede schnelle Bewegung, jedes fremde Gesicht war Grund genug in Panik zu geraten. Männer hatten gar keine Chance. Mein Mann durfte sie noch nicht mal anschauen. Ein kurzer Blickkontakt und Sophie flüchtete blitzschnell in eine sichere Ecke. Wir arbeiteten jeden Tag mit ihr, sie war keine leichte Schülerin. Immer wieder fiel sie zurück und es war jedes Mal, als fielen wir in ein schwarzes Loch. In den ersten Wochen war noch nicht einmal ein Spaziergang außerhalb des Gartens möglich. Viermal gesichert, gelang es ihr sich bei einem Versuch im eingezäunten Bereich aus den Sicherungen herauszuwinden, um zu flüchten. Doch Gott sei Dank, fand sie keine Möglichkeit dies in die Realität umzusetzen, dafür hatten wir bereits vorgesorgt. Manchmal verzweifelte ich und nahm sie einfach nur noch in den Arm. Sie schaute mich mit liebevoll traurigen Augen an, als wolle sie mir sagen:
„Gib nicht auf, mit Deiner Hilfe schaffe ich das!“

BildSie war mehrere Male in der Zeitung. Viele Besucher kamen für Sophie, doch keiner durfte sich auch nur nähern. Und tatsächlich, eine Frau stellte sich vor. Alleinlebend, mit älteren Söhnen, die jedoch nicht mehr im Hause wohnten. Sie hätte die Möglichkeit, sich intensiv mit Sophie zu beschäftigen. Perfekt! Ein wenig unerfahren und unsicher erschien sie mir, aber sie zeigte reges Interesse an Sophie und erklärte, dass sie selbst schon ängstliche Hunde gehabt hatte. Ich machte ihr klar, dass Sophie nicht ängstlich sei, sondern eine Panikhündin und das schlimmer, als sie es sich je vorstellen könnte. Trotzdem meinte Frau X, sie käme damit klar und möchte es auf jeden Fall versuchen. Sie sei sich der Verantwortung vollkommen bewusst. Ich rief also die Organisation an, erklärte die Lage, gab die Adresse durch und bat um eine Vorkontrolle bei der Interessentin. Die Vorkontrolle wurde durchgeführt und ich erhielt den Bescheid. Sophie kann dorthin vermittelt werden.
Die Dame wollte bis zu ihrem Urlaub Sophie noch in der Pflegestelle lassen und sie regelmäßig besuchen, um Kontakt zu ihr aufzubauen. Der Tag kam. Die Autotür schloss sich, Frau X fuhr ab.
Sie versprach, sich gleich zu melden wenn sie zu Hause angekommen seien. Ich fühlte mich schlecht. Meine Arbeit war erledigt, das Tier vermittelt, die Verantwortung war abgegeben, die Kontrolle war laut Aussage in Ordnung. Was wollte ich also mehr?

Doch... „Berühre nie ein Herz - wenn Du es nicht hüten kannst!"

Am anderen Tag, es war 7.30 Uhr morgens, ein Sonntag! Da klingelte mein Telefon! „Nichts gutes“, das war sofort mein Gedanke. Und wie Recht ich hatte. Frau X am anderen Ende: „Hallo... ja, Frau Däsch? Sophie ist weg!“ Vor einer Viertelstunde lief sie unter dem Zaun durch, aus dem Garten direkt auf die Straße und war verschwunden.
Es war eine schreckliche Sekunde, ich dachte jeden Augenblick, meine Beine geben nach...............so schnell waren mein Mann und ich noch nie im Auto. Wir trafen uns dann vor Ort! Die Suche nach Sophie war bereits im Gange. Wild umherlaufende Menschen, ohne Plan, ohne Ahnung, wie man ein solch verängstigtes Tier ausfindig machen könnte, standen vor uns. Sehr schnell war meinem Mann und mir klar........so finden wir Sophie nie. Wir gingen mit America nach unserem eigenen Konzept vor. Unsere schwarze Langnase musste dabei sein. Immerhin war sie es, die Sophie in den ersten Tagen Halt gegeben hatte. Nun wird Sophie sie hoffentlich riechen und Vertrauen finden. Wir liefen stundenlang durch die Felder, durch den Ort überall wo Sophie gesehen worden war. Als plötzlich mein Mann rief, „Da schau, dort, dort ist Sophie!“ Ganz weit über den Feldern sah ich einen kleinen braunen Punkt der sich bewegte. „Ja, das könnte sie sein!“

Wir teilten uns. America und ich liefen in den Ort hinein, mein Mann quer über das Feld. Per Handy hielten wir Kontakt. Heiner teilte mir mit, dass Sophie gerade in den Ort hineinlief. America und ich rannten, vielleicht schaffen wir es noch ihr den Weg abzuschneiden. Doch dort angekommen........war weit und breit keine Sophie zu sehen. Das Handy klingelte.......Heiner am anderen Ende, mit verzweifelter Stimme: „Andrea, gerade ist sie an mir vorbeigelaufen, sie hört mich nicht, sie ist so sehr in Panik, dass man sie nicht ansprechen kann“. America und ich liefen an die Stelle, wo Heiner auf mich wartete. Er zeigte mir den Weg, den Sophie gerannt ist. Plötzlich, ein ganzer Pulk Menschen, alle wollten Sophie gesehen haben, sie riefen durcheinander: „Dort oben auf dem Hügel, über die Kuhweide rennt die Frau von der Organisation mit ihren Hunden, sie hat Sophie gesehen!“
...........und tatsächlich...................Sophie tauchte auf dem Hügel auf! Doch leider bevor wir reagieren konnten, machte die Dame einen entscheidenden Fehler: Sie trieb mit ihren Hunden Sophie weg von uns.........direkt Richtung Straße. Mein Gott, das könnte das Ende sein! Heiner, America und ich liefen los ........... das kommende Drama muss aufzuhalten sein, es muss! So darf und kann es nicht enden, jahrelang dem Tod nahe, dann monatelang die Hoffnung und nun ein schreckliches Ende? Nein, dass darf nicht passieren!

Ich rief nach Sophie, vielleicht hört sie ja meine Stimme, vielleicht bewegt es sie, umzudrehen und nicht wie eine Gehetzte auf die Straße zu laufen. Da tauchte sie plötzlich wieder auf. Tatsächlich war sie wie ein gejagtes Pferd umgedreht und die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Wir beobachteten dies am Fuß des Hügels. Heiner lief und wies mich an unten stehen zu bleiben, er wollte Sophie den Weg abschneiden, so dass sie gezwungen war in meine Richtung zu laufen. Von hinten kamen die anderen Hunde, vorne stand Heiner, und ich, der sie als Einzigste vertraute stand unten...........und wartete mit angehaltenem Atem. Sophie hielt oben auf dem Hügel inne, sie musste mich gesehen haben. Ich ließ mich auf die Erde fallen, machte mich ganz klein und redete laut mit America. Schmuste mit ihr und liebkoste sie mit Worten. Sophie stand ganz still! Plötzlich rannte sie den Hügel herunter, direkt in meine Richtung. Einige Meter vor mir blieb sie stehen. Ich beobachtete sie aus den Augenwinkeln, mein Gott Sophie, sie sah furchtbar aus. Nur keinen Fehler machen, jetzt darf nichts mehr passieren.......sonst ist sie weg, für immer. Ganz leise mit ruhigen Bewegungen fuhr ich fort mich mit America zu beschäftigen und immer wieder nannte ich Sophies Namen, als mich plötzlich eine nasse Schnauze am Arm berührte.................................... ich traute mich kaum zu atmen.

Sophie, meine Sophie stand neben mir. Ohne sie anzusehen, tastete ich nach ihr, bekam einen Teil ihres Brustgeschirrs zu fassen.
Sie ließ es sich gefallen und legte sich in meine Arme, völlig erschöpft. Nun hatte ich sie fest und war zu allem fähig in diesem Moment, nichts auf der Welt hätte mich dazu gebracht das Tier loszulassen. Bis plötzlich Heiner schrie.........“Andrea, raus, schnell raus da, raus, renn!“
Verwirrt schaute ich auf, als vor mir ein Bulle auftauchte. Wild schnaubend raste er auf uns drei zu. Was tun? Ich versuchte mit Sophie im Arm aufzustehen, aber meine Beine versagten nach der stundenlangen Suche. Ich hatte keine Kraft mehr, war nicht in der Lage aufzustehen. America wurde unruhig, sie spürte die Gefahr, die unmittelbar vor uns war, als plötzlich Heiner zwischen mir und dem Bullen stand...........der dann Wut entbrand, Heiner hinterherlief. Mir gab es einige Minuten Zeit mich mit Sophie im Arm, die sich nun ganz still verhielt, unter dem Weidezaun durchzurollen und dahinter in Sicherheit, wieder völlig kraftlos mit meinen zwei Langnasen liegen zu bleiben. Ich konnte noch beobachten, wie sich Heiner vor dem wildgewordenen Bullen mit einem Sprung über den Zaun vor weiteren Angriffen rettete. Ganz vorne am Rand erkannte ich einen Menschenauflauf. Sie haben wohl die ganzen dramatischen Minuten atemlos miterlebt.

Auf dem Weg nach Hause erzählte mir Heiner, dass ihn ein Mann zu unserem Auto gebracht hat...............
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Er kannte Frau X gut, stellte sich vor als ihr Nachbar und Freund und erzählte ihm, dass er die ganze Zeit im Haus war von Sophies Ankunft bis sie angeblich ohne jeglichen Grund in Panik aus dem Garten verschwand. Nun war wohl auch der Grund bekannt, denn jetzt ahnten wir, was an diesem Morgen geschehen war.

Weinend nahm ich unsere Sophie in den Arm und gab ihr innerlich das Versprechen sie immer zu beschützen. Von diesem Zeitpunkt darf auch Heiner Sophie auf den Arm nehmen, sie streicheln, sie anschauen und mit ihr schmusen. Sie ist sein Goldschatz geworden! Sophies Liebe hat nun endgültig ihren Platz gefunden.
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Tierheilpraktikerin
Andrea Möhle
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